14.06.2024: Blogeintrag #39
Am Samstag gegen Nachmittag traf ich die verlassene Meu im Royal Berumda Yachtclub vor, während sich der Rest der Crew kurzfristig zu Regatta-Leitung hat breitschlagen lassen.
Nachdem ich es mir gemütlich gemacht hatte traf auch der Rest, müde und sonnenverbrannt am Steg ein.
Den Sonntag und Montag nutzten wir für Reparaturen am Boot, Einkaufen und ich konnte mir Hamilton noch etwas anschauen.
Nachmittags gab es noch den Burgee-Swap mit dem Comodore des Royal Bermuda Yacht Club und einem kleinen Bericht der Reise, die es sogar in deren Vereinszeitschrift geschafft hat (Burgee Exchange )
Montag ging es dann auf das erste kleine Segelabenteuer von Hamilton nach St. George zum Ausklarieren. Bei dieser Inselrundfahrt hatten wir angenehme 4 Windstärken und konnten sogar den Spi ziehen.
Noch ahnte niemand, dass dies das Maximum an segelbarem Wind für die nächsten sieben Tage sein würde.
Im idyllischen St. George wurde nochmal Wäsche gewaschen, Wasser und Diesel gebunkert und für mich gab es sogar noch ein kleinen Abstecher zu einem verlassenen Sandstrand an der Nordspitze der Insel.
Dienstag ging es los, mit prognostizierten 3-4 Windstärken aufs Backstag starteten wir mit guter Stimmung an Bord. Ablegen um 16.30 Uhr, um 17.30 Uhr waren wir aus dem Fahrwasser und haben Segel gesetzt, gegen 18 Uhr war der Spi oben, um 23 Uhr standen wir ohne Spi etwa 15 Meilen vor Bermuda in der Flaute.
Die nächsten sechs Tage trieben wir mit maximal 2-3 Bft in eine einigermaßen richtige Richtung, verbrachten die Zeit mit Segelwechseln, Sonnen und dem Lauschen von Bermuda Radio, deren erstaunliche Reichweite von über 60 sm (die wir nach Tag 3 ertrieben hatten), der Moral der Crew stark zu schaffen machte, so lange nach der Abfahrt möchte man nicht mehr über die Kanaldurchfahrten des Starthafens ins Bild gesetzt werden. Donnerstag wurden wir von der ersten Schule gefleckter Atlantik Defline Besucht, die etwa 12 Tiere inklusive Jungen waren ein gern gesehener Besuch.
Die Lichtblicke der Flautenzeit waren Regenbögen, wunderschöne Sonnenuntergänge und die Verwandlung des Atlantiks in einen spiegelglatten Ententeich in dem sich der Vollmond spiegelte. Es wurde gespielt, ausgiebig gekocht und verzweifelt auf bessere Wetterberichte gewartet.
Damit hatte ich nicht gerechnet bei einem Nordatlantik Törn.
Nach sechs Tagen Flaute hatten wir ganze 140 sm hinter uns gebracht und die Stimmung an Bord wurde etwas gereizter, da die Sorge aufkam ob genügend Lesestoff und Netflix Downloads gebunkert worden waren. Samstag fing der Wind ein Glück an etwas aufzufrischen und wir liefen mit ziemlich direktem Kurs auf unser Ziel zu, die Stimmung stieg merklich und wir schafften an einem Tag mehr Meilen als an den vorigen drei Tagen zusammen. Bei drei Tagen Nord und Nord-Nord-Ost Wind hatten wir das erste Mal das Gefühl von Bermuda weg zu kommen und die Azoren fühlten sich in Reichweite an. Auf einmal musste man während der Wache auch was anderes tun als nach Delfinen Ausschau zu halten und zu lesen und es begann sich nach einem Segeltörn anzufühlen.
Am Sonntag kam die nächste schlechte Nachricht, der Wind sollte am Montag nach Ost drehen und später nach Süd-Ost, was unseren schönen Kurs direkt auf unser Ziel ruinierte. Wie man an unserem GPS-Track (MEU Tracker ) sehen kann, führte dies zu einer hübschen, aber doch nicht so direkten Banane, die wir die nächsten Tage hinter uns brachten. Die Hoffnung auf einen entspannten Spi Kurs zum Ziel wurde am Donnerstag der zweiten Woche nochmals kurz geweckt als wir ganze 15 sm unter Spi bei SW Wind hinter uns brachten. Der Wind drehte dann aber wieder südlicher und begann den Trend der den Spi wohl verpackt unter deck verbannte und sich von da an bis zum Ende der Fahrt in einem immer Spitzer und zunehmenden Wind äußeren sollte.
Am Freitagmorgen, einen Tag vor der zeitlichen Hälfte des Törns (der mit sehr viel zeitlichem Puffer geplant worden war) waren wir noch 30 Meilen weniger als die Hälfte der Luft Linie gesegelt. Dafür bekamen wir an dem Morgen aber sehr überraschend Begleitschutz von einem Wal. Dank Mangel an Expertise in der Crew und keiner Möglichkeit Wikipedia zu bemühen, tauften wir ihn Potti (auch wenn wir sicher waren das es kein Pottwal war) und genossen die etwa einstündige Begleitung des erstaunlich großen und zutraulichen Tieres, welches teilweise keine 10m neben dem Boot auftauchte. Später fanden wir raus das es sich um einen Sei-Wal gehandelt haben musste. Der Wal sollte auch in den kommenden Tagen immer Mal wieder in der Nähe des Bootes auftauchen.
Am Samstag, der Halbzeit des Törns und dem Ende meines Berichtes hatten wir grade so die halbe Strecke zu den Azoren hinter uns gelassen und blickten auf einen wenig überzeugenden Wetterbericht. Auch wenn es nicht so schnell wie gehofft vorwärts ging und die Zeit, die Azoren zu erkunden mit jedem Tag Flaute schrumpfte, war die Stimmung an Bord gut und ausgelassen und wir hatten unterm Strich heitere erste zwei Wochen auf einer, im Vergleich zu Inselhüpfen in der Karibik, etwas weniger pittoresken Strecke.
Alle an Bord haben sich gut verstanden und wir haben aus den Flautentagen das Beste gemacht, inklusive "Mamma Mia"- Movie Night, Spieleabende und Mehrgängigen Menüs aus der Kombüse.
Der zweite Teil dieses Törns, der mit mehreren dramatischen Wendungen, Höhen und Tiefen aufwartet, gibt es dann nächste Woche zu lesen, wenn Johannas Bericht hier veröffentlicht werden wird.
Linus Andrae
Foto(s): Clara, Jan-Henning