26.01.2021: Martin Habert berichtet von seiner Bretagne-Reise

Foto: Martin Habert
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Martin Habert ist mit seiner „Allegro“ in der vergangenen Saison in der Bretagne unterwegs gewesen und berichtet hier gern von seinem Törn, macht aber vor dem Bericht aus Frankreich noch einen kurzen Abstecher nach England:

Danny the Dolphin

Nach der „Round the Island“-Regatta im vergangenen Jahr haben wir noch die englische Südküste erkundet und dabei den exakten Umgang mit Gezeiten und Strömungen gelernt, insbesondere an den vorspringenden Kaps wie Portland Bill. Ein entscheidender Punkt für eine angenehme Passage. Eindrucksvoll ist es aber schon, wie allein das Aufeinandertreffen zweier Strömungen das Wasser zum Kochen bringt.

In Weymoth lernten wir dann „Danny the Dolphin“ kennen, einen Weißflanken-Tümmler, etwa 2 m groß und eine Legende. Auch auf der Rückreise wurden wir von ihm begrüßt und dann gab „Danny“ im Hafen eine Showeinlage, die mit dem Vorzeigen und in die Luft werfen eines Aales ihren Höhepunkt hatte. Auf beiden Seiten des Hafenbeckens standen dabei die Zuschauer.

Der unfreiwilige, persönlichen Brexit

Geplant war dann eigentlich die Überwinterung im Hamble River (Southampton) bei der Elephant Boatyard in Bursledon. Hier wurden früher Linienschiffe und Fregatten gebaut, darunter 1786 die „Elephant“, Nelsons Flagschiff bei der Seeschlacht von Kopenhagen (1801). Heute hat sich die kleine Werft mit Neubau und Restauration von Holzbooten einen Namen gemacht und wir fühlten uns sehr geehrt, dass wir dort mit unserem GFK-Boot viele Wochen lang Gast sein durften. Aber die im Herbst sich zuspitzende Diskussion über den Brexit und die Möglichkeit, im Falle eines ungeregelten Brexit unter Umständen das Boot wieder in die EU „einführen“ zu müssen hat uns dann bewogen, Mitte September 2019 ganz spontan unseren persönlichen Brexit zu machen. Wir nutzten die gute Wetterlage und fuhren nach Cherbourg.

Überwintern in Cherbourg

Dort gerieten wir in die Hände von sehr freundlichen, aber auch ziemlich unzuverlässigen Franzosen, was dazu führte, dass unser Boot nicht an Land, sondern im Wasser den Winter verbrachte. Allerdings kann man von Winter kaum reden, die Temperaturen waren kaum einmal unter 10 °C.

So habe ich im Juli fast ohne Bewuchs, sauber von oben und innen trocken die Saison eröffnen können. In der Zwischenzeit hatten wir unsere Französisch-Kenntnisse aufgefrischt. Der „Reeds“ empfiehlt, in Frankreich unbedingt zu versuchen, Französisch zu sprechen. Dann würde man gleich besser aufgenommen. Dennoch wurde das Warten lang und wir waren manchmal nicht sicher, ob wir den geplanten Urlaub in der Bretagne würden antreten können.

Überfahrt nach Jersey

Der begann schließlich windig und frisch mit der Überfahrt von Cherbourg nach Jersey. Hier war genaues Timing für das Passieren des Alderney Race gefragt. Strömungen erreichen hier bei Springtide bis zu 10 kn. Jersey zeigte uns die kalte Schulter, wir durften nur an der in Hafenmitte verankerten Quarantänepier übernachten und nicht an Land gehen. So ging es bei schönstem Wetter weiter in die Flussmündung des Trieux. Unterwegs lernten wir erstmals, die lange Atlantikdünung „bergauf“ zu segeln. Dann zeigte die Bretagne ihre Zähne – zackige, dunkle und bedrohliche Felsen überall rechts und links der Fahrwasser.

Atom-U-Boot und Pause

Trotz guter Wetterbedingungen waren wir dankbar, die Vorzüge der elektronischen Navigation nutzen zu können. Aber nach einigen Tagen war das Segeln in der Bretagne kein Problem mehr – wenn man die Ein- und Auslaufzeiten und manchmal auch die Kurse von Tide und Wind bestimmen lässt. Unsere Fahrt nach Brest gipfelte dann mit einem kurzen Aufenthalt auf der Isle de l’Ouessant. Wind und Wetter waren günstig und erlaubten die Passage entlang der berühmten Leuchttürme (La Jument) und eine Ankernacht vor Laumpaul. Am nächsten Tag liefen wir in Brest ein, mitten im Spektakel des Auslaufens eines französischen Atom-U-Bootes, und ließen dann „Allegro“ drei Wochen allein zurück.

TGV statt Auto

Unsere Reisen nach Frankreich haben wir fast immer mit dem TGV gemacht und für längere Hafenaufenthalte immer Häfen mit TGV-Anschluss ausgesucht. Von Paris aus erreicht man so alle größeren Hafenstädte zwischen Cherbourg und Bordeaux in ca. drei Stunden. Und Stuttgart ist ebenfalls mit Direktverbindung von rund vier Stunden an Paris angeschlossen. Anreisende aus Hamburg kamen mit dem Flugzeug bis Paris und stiegen dann in die Bahn um. Bahnfahren in Frankreich ist bezahlbar und kostet etwa dasselbe wie in Deutschland mit der Bahncard 50. Demgegenüber sind die Autobahngebühren erheblich.

Weitere Etappen

Der zweite Abschnitt unserer Reise führte uns nach Erkunden der sehr schönen Bucht von Brest von Douarnenez nach Benodet in der Mündung des Odet. Die gefährlichen Kaps auf dem Weg dahin haben wir kaum gesehen, es war ein kühler Tag mit Nieselregen und tiefhängenden Wolken. In Benodet zeigte aber schon die Hafenfront, dass wir im Süden angekommen waren, und ab dem nächsten Morgen hatten wir durchgehend bestes Sommerwetter bis Mitte August.

Das bedeutete allerdings auch manche Motormeile, und wir wurden sehr geübt in der Handhabung des Spinnakers, denn der Wind kam meist von achtern. Nach Lorient, mit dem Museum Eric Tabarly, genossen wir den Segelsommer mit Hafen- und Ankernächten am Festland und auf den Inseln. Am spannendsten war Crosic: Dort gibt es keinen dauerhaft tiefgehenden Hafen, und wir mussten an einer Boje im Fluss festmachen – bei 3kn Strom und bei Ebbe mit nur noch einen halben Meter Wasser.

„Allegro“ überwintert in Rochefort

Dann war geplant, „Allegro“ in La Rochelle liegen zu lassen und dort auch zu überwintern. Aber wir mussten feststellen, dass man dort und auch in den benachbarten Häfen keinen Platz für uns hatte. Allerdings wäre er auch unbezahlbar gewesen bei Liegegeldern von über 1000 Euro/Monat (übliche Hafengebühren lagen zwischen ca. 20 Euro an der Boje bis 40 Euro im Hafen). So mussten wir Alternativen suchen und fanden wieder eine Marineschiffswerft: Rochefort, ca. 15 Seemeilen den Fluss Charente aufwärts und ca. 25 km südlich von La Rochelle, wurde vom Sonnenkönig Ludwig XIV. als Standort für den Bau seiner Flotte ausgewählt. Dort wurden über 300 französische Kriegsschiffe aller Art gebaut, später auch das erste französische U-Boot. Noch heute zeugen prächtige, fast schlossähnliche Gebäude von der Größe der Werften und des Arsenals, darunter die 300 m lange Seilerei. Auch der neue Stolz der französischen Flotte, die nach Originalplänen gebaute Fregatte „Hermione“, liegt hier und ist im Rahmen eines großen Marine-Museums zu besichtigen. Unsere „Allegro“ liegt quasi auf dem Schlossplatz im kleinen Hafenbecken von Rochefort und wird dort an Land auch überwintern.

Martin Habert

Dieser Artikel stammt aus dem LYC-Magazin 01/2021.

Foto(s): Martin Habert

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